Eine Reise durchs Pays d’Oc: Ein IGP von Freiheit getrieben

Written by Anna Lindenberger, Berlin 12. Oktober 2022

Long time no hear und see hier – das wollen wir ändern. Mich kennen die meisten noch nicht, ich bin Anna, habe Weinwirtschaft studiert, liebe Wein, gutes Essen, Reisen und noch vieles mehr. Für Pomme des Garçons durfte ich mich jetzt auf den Weg nach Frankreich machen.
Vier wunderschöne Tage lang durfte ich durch Südfrankreich, genauer durchs Pays d’Oc, reisen, mich durch die Weinvielfalt kosten und die mehr als präsente Kochkunst der Franzosen und Französinnen bewundern. Leben wie die Göttin in Frankreich, nur noch viel besser. Der Grund der Reise? Die Herkunftsbezeichnung Pays d’Oc IGP zu erkunden und live zu erleben was das Motto “Liberty of Style” für die Winzer*innen tatsächlich bedeutet.

Pays d’Oc what?

Es geht um Freiheit, um Kreativität, und darum, die eigenen Weinberge neu zu erkunden und die Beschaffenheiten der Region mit den perfekt dafür ausgestatteten Rebsorten zu kombinieren.

Pays d’Oc IGP! Das ist eine geschützte Herkunftsbezeichnung, die sich im Süden Frankreichs befindet. Also von Montpellier gen Westen bis zur spanischen Grenze. Dort trifft mediterranes Klima auf kältere Winde aus den Pyreneen sowie Weinberge in den wärmeren Ebenen auf kühlere Spots an den Hängen Richtung Nordwesten. Die Region rund um Languedoc Roussillon bietet also viel Abwechslung und ist ein riesengroßer Spielplatz für das experimentelle Winzer*innen-Herz. Um dieser Leidenschaft absolute Freiheit zu gewähren, wurde hier in den 80ern die Herkunftsbezeichnung Pays d’Oc IGP gegründet. Für das Pays d’Oc IGP sind rund 58 Rebsorten zugelassen – hier wird jede*r fündig auf der Suche nach der eigenen Lieblingsrebsorte. Das Ziel war und ist, dass die Winzer*innen im Languedoc Roussillon neue Rebsorten auf ihren Böden ziehen dürfen und aus ihnen auch reinsortige Weine machen können, anstatt die für die Region üblichen Cuvées. Im Grunde eine zweite Linie zu den bereits etablierten Languedoc Roussillon DOP Richtlinien.

Es geht also um Freiheit, um Kreativität, und darum, die eigenen Weinberge neu zu erkunden und die Beschaffenheiten der Region mit den perfekt dafür ausgestatteten Rebsorten zu kombinieren. Das ist eine Herangehensweise, die man in der Weinwelt eher aus der “Neuen Welt” kennt, aber das Pays d’Oc IGP zeigt, wie wunderbar das auch im traditionsreichen Frankreich funktionieren kann.

Schlemmen, Verkosten und Savoir Vivre

Nun durfte ich also diese Freiheit direkt vor Ort erleben und erproben. Doch die Region ist nicht nur von einer unglaublichen Menge an Weinbergen geprägt. Es herrscht mediterranes Flair, irgendwie liegt Gelassenheit in der Luft und alles strotzt gerade so vor Savoir Vivre. Dazu kommt natürlich ganz viel leckeres französisches Essen und Weine von erfrischend leicht bis komplex und tiefgründig.

Anyway, ich könnte mich so ein bisschen im Schwärmen verlieren, aber darum soll es ja nicht gehen. Es geht natürlich um die Weine und die wunderbaren Weingüter, die wir besuchen durften. Von Calmel & Joseph am ersten Tag, gings zu Domaine Guilhem, dann zu Les Vignobles Foncalieu, Maison Lorgeril und zur Famille Fabre. Allesamt hatten sie eine ganz persönliche Interpretation von Pays d’Oc IGP Weinen und eine davon würde ich euch gern etwas genauer erklären. Let’s go!

Domaine Guilhem – Slow Work wie vom Großvater gelernt
 

Der Leiter des Weinguts, Bertrand, gehört zur fünften Generation, die dieses Weingut führt, und in dieser Zeit hat sich einiges auf dem Château im Pays d’Oc verändert. Von gemischter Landwirtschaft zur industriellen Revolution und nun wieder einen Schritt zurück zu den Roots, ganz so wie sein Großvater das gemacht hat. Ohne viel Schnickschnack oder Intervention, sieht Bertrand seine Aufgabe eher als Unterstützer der Natur, um die Qualität aus den Weinbergen möglichst unverändert in die Flasche zu transportieren.

Ich habe Bertrand gefragt, was denn seine Weine und Weingärten so besonders macht und die Antwort war fast schon kitschig, aber trotzdem will ich sie euch nicht vorenthalten: “L’Art de partager” – Die Kunst des Teilens. Nicht einnehmen, sondern das, was einem die Natur gibt, zu verstärken und das Beste daraus zu machen. Slow work, ganz ohne Schleichwege.

Domaine Guilhem: Bertrand erklärt seine Weine

Das Weingut liegt in der Region Aude – nicht weit von Carcassonne entfernt – und auch wenn man es zuerst nicht vermuten würde, hier ist es nicht so super heiß wie sonst wo in Südfrankreich – und das schmeckt man. Die Weine haben alle einen leichten Säurekick, die Rotweine sind nur ein bis drei Tage auf der Maische und die Weißweine strotzen vor Spannung und Mineralität, die ich hier so nie erwartet hätte. Bertrand spricht viel von den Beschaffenheiten hier in der Gegend und von den ganz besonderen “Malepère” Böden aus Kalk und Lehm, die viel Wasser halten und es dann langsam an die Reben abgeben. So wird die Dürreperiode hier ganz natürlich überbrückt.

Mein Favorit im IGP Pays d’Oc war der Merlot N116, den man auf keinen Fall in die klassisch samtig-pflaumige Merlot-Ecke stecken darf. Hier kommt Cranberry-Frische mit Pfeffernoten und Johannisbeer in die Nase, verbunden mit reifem Tannin und etwas Säure am Gaumen, damit er auch im Sommer richtig gut schmeckt. Riesengroße Empfehlung!
Und sowieso: Wieso nicht mal Urlaub machen in diesem spannenden Teil Frankreichs? We like.

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