Litauen: Stadt, Land, Fluss für echte Entdecker

Written by Laura Schulte, Berlin 30. April 2019

Litauen liegt als Sandwich-Kind zwischen seinen größeren und bekannteren Geschwistern Polen, Belarus und Lettland.
Doch das Land existiert – und zwar seit 30 Jahren – unabhängig mit der niedlich-kleinen Menge von 2,8 Mio. Einwohnern.
Die Hauptstadt Vilnius ist sogar der geographische G-Punkt Europas – und so fühlt sich die lebhafte Stadt auch an: Zwischen vielen alten und nahezu erschöpft wirkenden Gemäuern wird von Donnerstag bis Sonntag durchgefeiert. Die Litauer sind frech, wollen gehört werden und machen gerne Party.

Tagsüber beeindruckt die Altstadt aber auch ohne Partymeute und lauter Musik. Die etwas mitgenommenen Gemäuer erzählen einem beim Spazieren durch ihre Mitte förmlich Geschichten und gehören zu den ältesten Europas. Außerdem beherbergen sie die meisten Kirchen auf so engem Raum wie sonst vermutlich nirgends. Zumindest kommt es dem Besucher so vor. Gesprochen wird in Litauen übrigens tatsächlich litauisch, nicht russisch. Wer sich da vertut, kann ganz schnell in ein sehr großes Fettnäpfchen treten.

Die Hauptstadt Vilnius ist sogar der geographische G-Punkt Europas – und so fühlt sich die lebhafte Stadt auch an.

Ein Land mit Historie

Litauen ist ein Land mit Geschichte – und mit Vergangenheit, die das Leben auch heute noch prägt: Meinungsfreiheit war für die Litauer lange Zeit keine Selbstverständlichkeit. Heute verzieren umso mehr kritische Straßenkünstler die Mauern der Städte mit ihren Bildern und Messages. Vor allem im Künstlerviertel Užupis gibt es viel zu entdecken: Der Stadtteil hat sich als eigene Republik angemeldet und man erhält beim Betreten sogar einen Stempel in den Reisepass.
Und trotzdem: Die Vergangenheit bleibt auch zwischen Kaffee und langen Hipster-Bärten im selbsternannten Staat nicht geheim. Viele kleine Boutiquen vertreiben allerlei Schätze aus Kriegszeiten. Briefe, Familienfotos und alles was Hausauflösungen hergeben, kann man für kleines Geld erwerben.

Russland: Nur einen Katzensprung entfernt

Fährt man auf einer der wenigen Hauptstraßen hinaus aus Vilnius Richtung Westen, kommt man schon bald in der zweitgrößten Stadt Kaunas an. Auf dem Weg erspäht man von Zeit zu Zeit ein paar einsame Häuser am Straßenrand. In den hölzernen Hütten leben offene, freundliche Menschen, die fremden Besuchern gern ihre ganz eigene Geschichte erzählen.

Kaunas selbst ist eine Studentenstadt und es macht Spaß die perfekt proportionierte Stadt für sich zu entdecken. An manchen Ecken kann man sich auf 50 Jahre alten Stühlen in unveränderter Kulisse eine deftige Suppe einverleiben. Kultur und Historie sind in Litauen ständig präsent, wohl auch deswegen wird Kaunas 2022 zur Kulturhauptstadt Europas.

Westlich von Kaunas werden die Straßen holpriger und die Wälder dichter. Man erreicht schnell die stürmische Ostseeküste und kann mit einer kurzen Fährfahrt auf ein bildschönes Stück Land übersetzen. Litauen teilt sich diese Halbinsel mit Russland. Der Hauptort dort heißt Nida – mit einem Aussichtpunkt von welchem man die Ostsee und die baltische See gleichzeitig sieht. Außerdem kann man einen Blick auf russischen Boden erhaschen, ohne selbst dort zu sen. Die Wälder von Nida beherbergen sogar Elche.

Die litauische Küche: Ein bisschen wie beim Oma zum Mittag

Das Klima des kleinen Landes ist divers: Litauen hat einen kurzen aber heißen Sommer. Es wird durchaus auch mal 30 Grad warm – dann blühen die Städte vor Leben. Der kalte Winter ist jedoch lang und dunkel. Es gibt wenig einheimisches Gemüse, das den niedrigen Temperaturen standhält. Und das merkt man auch in der litauischen Küche: Liest man sich durch die bodenständigen Speisekarten der traditionellen Restaurants, kann man sich vorstellen, wie die Menschen in Sowjet-Zeiten kreativ werden mussten. Gemäß dem Motto ‚Wir haben wenig und machen das Beste draus‘ bestehen die Gerichte zum Großteil aus Kartoffeln und Brot in allen vorstellbaren Varianten. Dazu kommt herzhaftes Wurzelgemüse und Schmand – vieeel Schmand.

Das Essen musste eben günstig und sättigend sein; und ganz davon weg ist die Küche Litauens auch im 21. Jahrhundert noch nicht. Früher baute man selbst an oder sammelte im Wald Pilze. Noch heute kann man auf Märkten oder am Straßenrand selbstgesammelte Pilze kaufen. Weniger erstaunlich ist, dass Russland auch seine kulinarischen Spuren zum Beispiel in Form von kühler Borscht (Rote-Beete-Suppe) in Litauen hinterlassen hat. Das Gefühl nach einem litauischen Gericht ist vergleichbar mit dem Gefühl, wenn man mal wieder zum Mittag bei Oma war: Leicht überfressen, warm und wohlig.

Wie die Italiener ihr Brot, stellen Litauer zu vielen Speisen Kartoffeln auf den Tisch. Wer nichts gegen Knoblauch hat, darf bei einem Barbesuch nicht auf das unfassbar leckere frittierte Schwarzbrot verzichten. Knoblauch Deluxe! Generell sind die Litauer sehr stolz auf ihr Schwarzbrot; was uns Deutsche aber nicht sonderlich beeindruckt, da wir als echte Brotnation gute Qualität von Gebäck gewöhnt sind. Zum Nachtisch gibt es nur eines: Die Litauer sind förmlich verrückt nach Eiskonfekt. Die kleinen sahnigen Riegel beanspruchen in den Supermärkten gern mal gut zwei Meter der gesamten Kühltheke.

Das klassische Nationalgericht Cepelinai (Zeppelin) hat es mir persönlich besonders angetan. Cepelinai bestehen zur Hälfte aus rohen und zur anderen Hälfte aus gekochten und geriebenen Kartoffeln. Gefüllt sind sie entweder mit Fleisch oder vegetarisch mit einer Art körnigem Frischkäse. Serviert werden sie natürlich – wie soll es anders sein – mit Schmand.

Und trinken? Kann man in Litauen auch hervorragend! Man trinkt natürlich Bier und serviert wird nur im halben Liter oder noch größer. Tatsächlich sind Tap-Bars in Litauen angesagter als in Deutschland, wo man oft nur eine Biersorte im Restaurant erhält.

Die Litauer sind stolz auf das was sie haben und für den Besucher ist es toll, sich von der Einfachheit des Glücks und der Geschichte mitreißen zu lassen. Ich komme wieder, garantiert!

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