Drinks on us: Wie ich nach Barcelona reiste & Wermut für mich entdeckte

Written by Martha Mroz, Berlin 22. Januar 2019

Ihr kennt das sicher, man ist an einem fremden Ort im Urlaub, jede Erfahrung ist neu und aufregend und die einfachsten Gegebenheiten erstaunen einen. So erging es mir neulich in Barcelona. Ich war mit einer einheimischen Freundin aus, wir saßen in einer kleinen, bunten Bar, haben viel gelacht und diskutiert, bis meine Freundin für uns alle Tapas und Getränke bestellt hat. Plötzlich kam sie um die Ecke – mit einer großen Flasche Wermut in der Hand! Ich war zunächst skeptisch „Das ist doch bitter und schnapsig! Willst du uns abfüllen?“ reagierte ich etwas panisch. (Wegen des Wermuts, nicht des Abfüllens an sich um ehrlich zu sein) Sie brach nur in schallendes Gelächter aus und drückte mir gelassen mit voller katalanischer Überzeugungskraft ein Glas in die Hand. „Trink einfach!“

Wermut! Das ist doch dieser bittere Schnaps, den unsere Großeltern hinten in ihrer Hausbar verstecken. Aber nein, Wermut ist gar kein Schnaps!

Bars in Barcelona: Jeder trinkt Wermut

Jeder, wirklich jeder trinkt in Barcelona Wermut. Ob abends oder mittags, vor dem Essen oder danach. Auf Eis oder ohne, mit Zitrone, Orange, wahlweise Olive oder direkt alles zusammen. Wermut! Das ist doch dieser bittere Schnaps, den unsere Großeltern hinten in ihrer Hausbar verstecken. Aber nein, Wermut ist gar kein Schnaps! Bitter ist er dennoch. Wie es so mit Vorurteilen üblich ist, wurde ich schnell eines Besseren belehrt. Zum einen – Hand auf’s Herz –Wermut ist wirklich, wirklich lecker! Und zum anderen ist Wermut wie erwähnt gar kein Schnaps sondern ein Wein. Wer hätte das gedacht – also ich definitiv nicht!

Der mit Kräutern und Gewürzen aromatisierte Wein hat seine Wurzeln nicht nur in Spaniens beliebtesten Kneipen und Bars, sondern theoretisch auf der ganzen Welt mit Verbindungen bis in die Antike; aber wenn man genau sein will, stammt er so, wie wir ihn heute kenne,  aus dem italienischen Turin. Seinen Namen und die bittere Note im Geschmack hat der Wein dem Wermutkraut zu verdanken, aus dem auch der verwegene und sagenumwobene Absinth gefertigt wird. Außer dem berühmten Kraut haben die beiden Getränke aber keinerlei Verbindung zueinander – ganz im Gegenteil. Absinth ist von Wermut soweit entfernt wie Rotwein von Altbier.

Der mit Alkohol verstärkte Wein hat es in sich, denn er ist mit einem Alkoholgehalt zwischen 14,5 und 22 % Vol. versehen und hat damit ordentlich Bums. Die Variation des Zuckeranteils zwischen 30 und 130g pro Liter lenkt das Geschmackserlebnis erheblich und lässt uns zwischen extra trockenem und lieblichem Wermut wahrnehmen und präferieren – eben je nach Vorliebe des Genießenden.

Ob der Wermut wie in Barcelona als Solist genossen wird, im klassischen Martini geschüttelt, nicht gerührt eure Sinne verführt oder als leckerer Manhattan die Augen zum Strahlen bringt, entscheidet ihr am besten selbst – spätestens wenn ihr bei eurem nächsten Barbesuch dem Wermut eine neue Chance gebt. Ich habe für mich persönlich die trockene Version mit einem Spritzer Soda und einer Scheibe Orange entdeckt und verbinde das Getränk von nun an mit Erinnerungen an warme Abende in geselliger Atmosphäre und leckere Tapas. Hach, ja <3

Apropos: Für den berüchtigten Abend in Barcelona bedeutete es, dass mich meine überzeugende katalanische Freundin dann dennoch abgefüllt hat – mit nichts anderem als Wermut. Da musste ich erst nach Barcelona reisen um den Drink und seine Variationen zu verstehen. Sowas …

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