Ben Pommer & das BRLO Brwhouse: Casual Fine Dining in Kreuzberg

Written by Maren Merken, Berlin 26. November 2018

Ben Pommer ist vielen in Berlin ein Begriff: Der sympathische Mitdreissiger ist den meisten im Kontext der Neuen Heimat begegnet, wo er für das kulinarische Konzept zuständig war, oder aber aus seinem Pop-Up-Restaurant in der Friedrichstraße. Gourmets kennen seinen Namen eher im Kontext mit Sternegrößen wie Nils Henkel, unter dem er in Bergisch Gladbach gekocht hat, und dem Kronenschlösschen im Rheingau. Seit Ende 2015 steckt er seine Energie in den Aufbau des BRLO Brwhouses am Gleisdreieck, das im Januar 2017 eröffnet hat.

Der Fokus im Brwhouse liegt ganz klar auf Bier. „Wir möchten hiermit ein modernes, nachhaltiges und überraschendes Brauhauskonzept etablieren“, sagt Ben. „Die meisten Leute wissen gar nicht, wie spannend und facettenreich Bier mittlerweile ist. Gerade in der kulinarischen Szene ist Bier vielerorts noch immer nicht richtig angekommen. Dabei ist die Begleitung zum Essen oftmals spannender als mit Wein“, weiß der Geschäftsführer des Brwhouses. Auch was man zum Bier kombinieren kann, geht für viele nicht über Haxen, Bratwurst und Grillfleisch hinaus. Dabei ist das ausgemachter Blödsinn: „Zu gutem Bier passt eben auch gutes, hochwertiges, nachhaltiges und gemüsebasiertes Essen.“

Das Konzept des BRLO Brwhouses ist innovativ ­­– dennoch ist sich Ben sicher, dass auch die Klassikküche immer eine Daseinsberechtigung haben wird: „Es ist wichtig zu wissen, wo die Basis liegt und wie diese schmeckt.“ Dennoch strugglen viele klassische Konzepte, auch besternte Köche haben häufig Probleme ihre Lokale tagtäglich voll zu bekommen. „Leute sind durchaus bereit Geld für Essen auszugeben, aber nur dann wenn ihnen der Zugang möglich gemacht wird“, weiß der Koch. „Es setzt sich kaum jemand mehr in ein hochgestochenes Restaurant mit dicken Sesseln und steifem Kellner. Wir müssen uns da mehr öffnen und demokratischer werden – diese elitäre Gehabe exkludiert zu viele Leute.“

Entgegen der Vorstellung vieler, was typischerweise in einem Brauhaus serviert wird, kocht Ben Pommer mit viel Gemüse. Fleisch und Fisch sind für ihn spannend, aber selten der Mittelpunkt seiner Gerichte. „Wir versuchen das Maximum aus dem Gemüse zu holen. Durch verschiedenste Gar- und Konservierungsmethoden kochen wir abwechslungsreich und ohne viel ChiChi. Wir entsaften, trocken, legen ein, fermentieren oder räuchern lieber, als das wir Türmchen bauen oder ewig viel rollen und wickeln“, sagt er nicht ohne Stolz. Und mit einer Leidenschaft, die man schmeckt: Die aromenstarken Gerichte machen nicht nur am dem Teller ordentlich was her, sondern erfreuen vor allem Zunge und Gaumen. Wilder Brokkoli trifft auf geräucherte Brokkolicreme, fermentierte Radieschen, Broccolicrumble und Schafskäse – und damit genau meinen kulinarischen Nerv. Davon nehme ich beim nächsten Mal zwei. Gemüsig, lecker, innovativ. Aber auch die Fleischliebhaber kommen nicht zu kurz: Der Dry Aged Schweinebauch vom Mangalitza Schwein lässt einen ebenso schwärmen, wie das über 20 Stunden gegarte Beef Brisket. Hier kommen Gemüsefans und Fleischlover gleichermaßen auf ihre Kosten und auch wenn Bier im Fokus steht: Wer sich auf ein kühles Gläschen Weißwein freut, wird an der großen Bar ebenfalls fündig.

Das Brwhouse ist ein Ort für Jedermann. „Das Brwhouse ist so, wie ich für mich Berlin definiere: Offen für alle und jeder soll seinen ganz eigenen Favoriten finden. Ob man jetzt nur für ein Bier, zum Backgammon spielen mit Freunden, zum Geschäftsessen, zum Genießen oder zum Feiern zu uns kommt“, erzählt der Geschäftsführer des Lokals. „Der Gast entscheidet wie er das Brwhouse erfahren möchte, wir geben nur den Rahmen.“ Einen Michelinstern strebt Ben für das Konzept nicht an: Wirtschaftlich ist ein Stern ein relevanter Faktor, wenn das Konzept als solches darauf abzielt. Wie wichtig die Auszeichnung für einen Koch persönlich ist, liegt sicherlich auch daran, wie weit man sich über eine solch offizielle Bestätigung definiert. „Für uns, für das Konzept und für mich persönlich ist diese Auszeichnung eher von geringer Bedeutung. Wir arbeiten mit dem Selbstverständnis unser facettenreiches Publikum zu begeistern; wenn wir darüber hinaus mit Bewertungen geehrt werden, ist das toll und eine schöne Bestätigung, aber nicht Sinn und Zweck des Restaurants.“

Grundsätzlich bewundere ich jeden, der sich jeden Tag wieder erneut den Gästen stellt und eine gute Arbeit leistet

Der Gastraum des BRLO Brwhouses ist riesig, dunkel gehalten und geht über zwei Ebenen. In dem großen Containergebäude im Gleisdreieckpark befindet sich auch die BRLO Brauerei – man sitzt also direkt an der niemals versiegenden Bierquelle. Im Sommer auch gern draußen, in einem hippen aber gemütlichen Biergarten mit Blick in den weitläufigen Park. Mutig so ein großes Konzept mit so vielem Plätzen zu starten. „Etwas zu ändern, neu zu definieren und Altes abzulegen braucht immer Mut. Erst recht wenn du eine Menge Geld investieren musst“, sagt Ben selbstbewusst. „Ich kann aktuell nur über Berlin sprechen und die Stadt lebt von neuen Konzepten und arbeitet sich übers Jahr durch unzählige Neueröffnungen – einige davon werden sich sicher durchsetzen und bleiben.“

Gastronomie, das ist in Berlin auch ein Miteinander. Man tauscht sich aus, Kollegen kommen auf ein Feierabendbier vorbei und waren auch auf der großen Eröffnung im Januar in einer Vielzahl vertreten. Ben ist offen für den Austausch der Kollegen. Aufrichtige Bewunderung hat der Chef des Hauses, den man fast immer mit Kappe antrifft, für viele seine Gastro-Kollegen übrig: „Grundsätzlich bewundere ich jeden, der sich jeden Tag wieder erneut den Gästen stellt und eine gute Arbeit leistet“, sagt der sympathische Koch. „Wer an einem Samstag 400 Gäste komplett zufrieden in einer 16-Stunden-Schicht nach Hause geschickt hat und sich am Sonntag mittag dann besonnen auf die Kritik von den nächsten Gästen einlässt, versteht was ich meine. Gastronomie ist und bleibt ein Tagesgeschäft und wer dort über Jahre besteht – und noch immer lächelt – verdient Bewunderung.“

 

BRLO Brwhouse, Schöneberger Straße 16, 10963 Berlin | brwhouse@brlo.de
Reservierungen: 0151/7437423
Gemüse inkl. Beilage und Topping ab 18 Euro (plus Fleisch ab +6,50 Euro)

Alle Bilder von Seren Dal. Dieser Beitrag ist zuvor bei Refinery29 Germany erschienen.

Ähnliche Beiträge

move, taste 

Kulinarik, Gutes im Glas, eine Region zum Verlieben: Das Prosecco DOC Full story

taste 

Eine Reise durchs Pays d’Oc: Ein IGP von Freiheit getrieben

Anna war für euch im Pays d'Oc unterwegs und hat sich dem Thema "Liberty of Style" gewidmet: Die Machart der Weine ist überraschend anders – lest selbst.

Full story

taste

Ting kocht: Meine neue YouTube Koch Show

"Ting kocht" ist ein YouTube Format, dass mein Bedürfnis für Freunde zu kochen in Zeiten von Corona und Social Distancing auffängt.

Full story

taste

Berlin kulinarisch: Ob Sterneküche, Casual Fine Dining oder Dönerbude – die Hauptstadt kann alles

Man kann Berlin viel nachsagen, aber eines nicht: Dass man hier nicht gut essen kann. Und dafür braucht man kein Vermögen!

Full story

move

Zauberhaftes Marrakesch – zumindest wenn man unsere Tipps berücksichtigt

Es gibt einige Dinge, die Laura ihrem Vergangenheits-Ich gern vor der Reise nach Marrakesch gern gesagt hätte. Damit es ein toller Trip geworden wäre ...

Full story

taste

Ho Chi Minh City: Auf den Spuren der vietnamesischen Phở

Das vietnamesische Nationalgericht Pho ist heute auch aus Deutschland kaum wegzudenken. Wir haben uns auf die Suche nach der echten Pho gemacht.

Full story

move

Hej Norwegen: Ich möchte hier wirklich nicht sein

Ich war in Norwegen. Vorweggenommen: Meine Norwegen-Highlights sind kaum nennenswert. Aber ich dachte, wieso nicht einen ehrlichen Beitrag schreiben.

Full story

move

Litauen: Stadt, Land, Fluss für echte Entdecker

Litauen liegt als Sandwich-Kind zwischen seinen größeren und bekannteren Geschwistern Polen, Belarus und Lettland. Laura war für euch da & hat es erkundet.

Full story

move

Südafrika: Geheimtipps aus dem Food- & Wein-Mekka

Südafrika, das ist nicht nur Kapstadt & nur Sightseeing. Ganz im Gegenteil: Gerade das direkte Umland der Stadt bietet jede Menge kulinarische Highlights.

Full story

look

Asiatische Supermärkte und High Fashion: Pomme des Garçons goes Editorial 2.0

Asiatische Supermärkte haben einen ganz eigenen Charme. Und sehen gut aus. So gut, dass wir dort geshootet haben.

Full story